Wir wissen aus der Geschichte, dass die Amerikaner nicht zimperlich sind, wenn es um die »Entsorgung« unliebsamer Staatsoberhäupter geht. Könnte das auch mit Wladimir Putin geschehen? Ein hochrangiger US-Stratege diskutierte bereits zwei Szenarien: Einen Putsch oder ein Attentat.
Das US-Magazin Foreign Policy (FP) veröffentlichte einen Artikel in dem über die Ermordung von Wladimir Putin sinniert wurde. FP ist eine der bedeutendsten Zeitschriften zur Außenpolitik in den Vereinigten Staaten. Darin (sowie im Konkurrenzblatt Foreign Affairs), werden seit Jahrzehnten Strategien zur Außenpolitik entwickelt, die auch von hochkarätigen Politikern diskutiert oder eingebracht. Das Blatt hat großen Einfluss auf politische Entscheidungsträger.
Douglas London, ehemaliger Stationsleiter der CIA, Ex-Chef der Terrorismusbekämpfung für Süd- und Südwestasien und heute Professor für »Intelligence Studies« an der renommierten Georgetown University, publizierte in FP einen Artikel mit der provokativen Überschrift »Würde die USA erwägen, Putin zu ermorden?«
Der Autor ließ darin erkennen, dass er für die israelischen Attentate auf Mohammad Deif, den obersten Befehlshaber der Qassam-Brigaden und den Hamas-Kommandeur Yahia Sinwar Verständnis hegt. Er schreibt: »Sollten die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten versuchen, Putin durch einen Putsch in seiner Abwesenheit zu stürzen oder ihn während einer seiner Reisen zu ermorden? Die Antwort darauf liegt in der Abwägung von Risiko und Nutzen«.
Szenario 1: Putin wird weggeputscht
In seinem Text diskutiert der Amerikaner die Anstachlung eines Putsches, wenn Putin sich im Ausland aufhält. Allerdings gibt es meinen Kenntnissen nach in den innersten Zirkeln des Kremls keine Kandidaten, die Wladimir Putin wirklich wegputschen wollten und das auch könnten, denn die Geheimdienstchefs sind stramm auf Putin-Linie. Schauen wir uns die Personen einmal genauer an:
Der Chef des Föderalen Sicherheitsdienstes (FSB) Alexander Bortnikow, teilt Putins Weltsicht, die Paranoia dem Westen gegenüber, die politische Philosophie und die Glorifizierung des alten sowjetischen Imperiums. Auch Wiktor Solotow, Chef der 300.000 Mann starken Nationalgarde Rosgwardia, denkt in dieselbe Richtung. Der Leiter des präsidialen Sicherheitsdienstes FSO mit seinen 50.000 Mann (das russische Gegenstück zum Secret Service), Dmitri Kotschnew, ist ebenso ein Hardliner. Putin ist ein alter Geheimdienstmann und das festigt seine Macht in diesen Kreisen.
Aber auch Igor Sechin, der ehemalige stellvertretende Ministerpräsident und aktuelle CEO von Rosneft; der ehemalige KGB-General Sergei Ivanov, ehemaliger Verteidigungsminister und erster stellvertretender Ministerpräsident; und der ehemalige KGB-General mit demselben Nachnamen, Viktor Ivanov, der ebenfalls eine Zeit lang Direktor des Föderalen Drogenbekämpfungsdienstes war, sind ideologisch mit dem russischen Präsidenten in Einklang. Sie, ebenso wie Putin, wollen sich nicht an eine von Westmächten geschaffene Weltordnung und deren Regeln halten, die ihrer Meinung nach darauf abzielen, Moskau schwach und unterwürfig zu halten.
Im inneren Kreis Putins gibt es demnach keine aussichtsreichen Kandidaten, um einen Putsch anzuzetteln. Bliebe also nur noch die Option eines Attentates.
Attentate als »präventive Selbstverteidigung«
Dass die Amerikaner nicht zimperlich dabei sind, sich unliebsamer Staatsoberhäupter zu »entsorgen«, zeigt die Geschichte. Das wären beispielsweise die »Operationen« zur Absetzung von Mohammad Mosaddegh im Iran, Salvador Allende in Chile und Fidel Castro in Kuba. Dazu kommen in jüngster Zeit der Sturz von Saddam Hussein im Irak, Muammar al-Gaddafi im Libyen und unlängst der Sturz von Baschar al-Assad in Syrien.
»Tödliche Operationen« als geheime Aktionen werden in den USA meistens durch Exekutivbefehle, sowie die verschiedenen Präsidenten-Memos, die Barack Obama 2013, Donald Trump 2017 und Joe Biden 2022 zur Verwendung von »direkten Aktionen« herausgegeben haben, angeordnet. Das Töten ausländischer Führer würde – je nach Situation – den rechtlichen Maßstab für »präventive Selbstverteidigung« erfüllen, wie das in Israel schon seit Jahren durchgeführt wird. In der »Theorie« wäre die Ermordung Putins also kein Problem. In der operativen Praxis sieht das jedoch ganz anders aus.
Szenario 2: Attentat auf Putin
Douglas London schreibt: »Was würde der Mord an Putin bringen? Wenn man den Status quo mit den Folgen von Putins gewaltsamer Entfernung vergleicht, würde Russlands Bedrohung für die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten verringert werden? Würden russische Truppen sich aus der Ukraine zurückziehen und aufhören, eine Bedrohung für die NATO-Verbündeten im Baltikum und in Osteuropa darzustellen? Oder könnten russische Absichten noch feindlicher und unberechenbarer werden?«
Der amerikanische strategische Vordenker erläutert, dass Putin »berechenbar« sei und man nicht sicher sein könne, dass nach seiner Ermordung auch eine wirklich weniger feindselige Regierung folgen würde. London weiter: »Sollte Putin im Ausland ermordet werden, würde die alte Garde, unabhängig von der Beweislage, wahrscheinlich die Vereinigten Staaten beschuldigen und dies nutzen, um ihre Macht zu konsolidieren und die Öffentlichkeit zu mobilisieren«. Zudem gebe es ein »glaubhaftes Risiko«, dass Russland »direkt militärisch zurückschlagen würde«.
Wird der Tod Putins Russland spalten?
Doch der US-Stratege glaubt auch daran, dass nach einem geglückten Attentat auf Putin ein »revolutionäres Feuer« in der Bevölkerung entzündet werden könnte und die Nuklear-Macht ins Chaos stürzen würde. Dies zeigt in meinen Augen, dass US-Strategen seit Vietnam immer denselben Fehler machen: Sie beschäftigen sich nicht mit der Bevölkerung, sondern gehen in ihren Einschätzungen von ihren eigenen soziokulturellen und politischen Vorstellungen und Erfahrungen und nicht von denen des »Feindes« aus. Genau das hat den Amerikanern in Vietnam aber auch in Afghanistan das »Genick gebrochen«. Denselben Fehler scheint Douglas London zu machen.
Meiner Einschätzung nach ist die Mehrzahl der Russen mit der Politik Putins einverstanden. Er hat in der Vergangenheit viel für das Volk getan. Natürlich gibt es eine Opposition, die unterdrückt wird, doch die allermeisten Menschen akzeptieren den jetzigen Status quo. Deshalb bin ich fest davon überzeugt, dass wenn das russische Staatsoberhaupt von einer ausländischen Macht ermordet werden würde, dies zu einem noch größeren Zusammenhalt führen würde und eben nicht zu einem Auseinanderfallen der Gesellschaft.
Putin zu ermorden ist nicht so einfach
Douglas London: »Putins wenige Reisen und seine Neigung, sich mit einer kleinen Zahl von Vertrauten zu isolieren, um sich zu schützen, machen ihn zu einem schwer angreifbaren Ziel«.
Für das Gelingen eines Attentats auf Putin wären demnach eine genaue Zielaufklärung und gute Geheimdienstinformationen erforderlich, um Muster und Schwachstellen zu ermitteln, auf deren Grundlage ein Plan erstellt werden könnte. Aber auch das ist nicht einfach. Als der Mossad im Jahr 2010 den Hamas-Funktionär Mahmoud al-Mabhouh ermordete, waren insgesamt 28 Agenten und Operative damit befasst. Aber dieses Mal hätte man es mit den verschiedensten russischen Geheimdiensten zu tun.
Als einen der Schwachpunkte macht der ehemalige CIA-Stationsleiter Douglas London die veralteten sowjetischen Ilyushin-II-96-Flugzeuge aus, die Putin häufig für seine Reisen benutzt: »Selbst, wenn Russland Ersatzteile baut und aktualisiert, gibt es langfristige strukturelle Ermüdung und Einschränkungen, wenn man versucht, ein so altes Flugzeugdesign umzukonstruieren«.
Doch ein von den USA oder von Israel gelenktes Attentat auf den Präsidenten Russlands kann nicht mit den Ermordungen anderer politischen Führer verglichen werden. Das Risiko eines Gegenschlages wäre einfach zu groß. Das muss auch Douglas London eingestehen. Dennoch schließt er seinen Artikel mit folgenden Worten: »Wenn du auf den König zielst, solltest du ihn nicht verfehlen«.
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Quellen:
https://archive.ph/yWF9h#selection-3391.0-3465.498
https://freeassange.rtde.me/nordamerika/214312-us-zeitschrift-sinniert-ueber-ermordung/
Bildnachweis: KI-geniert, leonardo.ai